Besser gesagt: Auf einen Tee mit dem Fotografen Michael Schnelle, der uns in die ostfriesische Teezeremonie einführte. Hauchdünne Porzellantassen eines heimischen Teeservices, dazu die Sahne und das Knistern von Kluntje, abgerundet von dem Sound des Stundengongs einer alten Wanduhr begleiten uns dieses Mal während des Interviews mit Michael Schnelle – der das Format "Auf einen Kaffee mit…" im Wechsel mit seiner Auszubildenden Rebecca Miller fotografisch begleitet, aber bisher niemals selbst zu sehen war.

Er hatte schon einiges vor der Linse: Ob architektonisch besondere Gebäude oder Persönlichkeiten wie Silvio Berlusconi, Peter Ustinov oder Olaf Scholz– Michael Schnelle ist Fotograf mit Leib und Seele. Neben Aufträgen der fotografischen Begleitung ist er auch für das Fotoarchiv bei der Senatorin für Kinder und Bildung (Referat 10 | Medien und Bildung in der digitalen Welt) zuständig.

In jeder freien Minute widmet sich der passionierte Radfahrer (wichtig: kein E-Bike) der Digitalisierung des Fotoarchivs, womit irgendwann auch sein Nachfolger voraussichtlich eine lebenslange Dienstzeit füllen kann. Das Archiv wächst weiterhin, zum Beispiel, wenn jemand Dias, Bilder oder ganze Fotoalben (am liebsten mit Bremer Motiven) aus einem Nachlass spendet. Darüber hinaus bearbeitet Michael Schnelle alle Anfragen zum Archiv, sei es für Privatpersonen, Veröffentlichungen oder gewerbliche Nutzung. Dafür stellt er Bilder zusammen, digitalisiert diese gezielt für den Bedarf und füllt damit so nebenbei weiter die Datenbank. Zwischendurch kommt dann mal eine eilige Anfrage für eine Dauerausstellung bei der Senatorin. Dann müssen innerhalb kürzester Zeit Bildauswahlen erstellt werden, Angebote für Material eingeholt, und bestellt werden, Bilder selbst gedruckt, Passepartouts selbst geschnitten, alles eingerahmt, Galerieschienen montiert und letztendlich selbst aufgehängt werden.

Und dennoch, auch in seiner Freizeit ist das liebste Hobby das Fotografieren. Da kann man auch mal auf dem Arbeitsweg stehen bleiben und die Kamera zücken. Dabei gilt: Jedes Motiv ist interessant, denn man weiß nie, ob es nicht morgen schon zum bremischen Zeitgeschehen gehört: Ein vor 17 Jahren im Morgenlicht auf dem Arbeitsweg spontan aufgenommenes Foto der Kunsthalle Bremen erschien nun in der Ausstellung zur 200. Jubiläumsfeier des Kunstvereins Bremen. Und wenn Sie jetzt denken, dass Michael Schnelle immer mit einem riesigen Koffer samt Kamera, Stativ und Objektiv(en) unterwegs ist, weit gefehlt. "Die beste Kamera ist die, die man dabeihat. Egal welche Kamera, Hauptsache ich habe die Aufnahme", so der Ausbilder schon sehr vieler Nachwuchs-Fotograf:innen. Auch in den Urlaub nehme er stets nur eine Kamera mit einem kleineren Objektiv mit. Aus Sicht des Profi-Fotografen sind die "Amateur:innen" an ihrer großen Fotografie-Ausstattung im Urlaub zu erkennen. Mit minimaler Ausstattung komme es viel mehr auf das Handwerk des Fotografierens an: Welches Motiv interessant erscheint, aus welchem Blickwinkel es fotografiert werden könnte oder wie der Abstand zum Objekt ausfallen sollte, um die beste Aufnahme mit den vorhandenen Mitteln zu bekommen.

Seine Flexibilität hilft ihm bei den anfallenden Aufgaben; allgemein entgegnet Michael Schnelle dem Arbeitsaufkommen mit Gelassenheit, Kreativität, viel technischem Verständnis und Improvisation. Er bereue seinen damaligen Wechsel aus der freien Wirtschaft in den öffentlichen Dienst nicht. "Ich sehe hier, dass ich gebraucht werde, und es macht mir immer noch viel Spaß!", erklärt der ehemalige Werbe- und Industriefotograf.

Michael Schnelle an seinem Arbeitsplatz.
Michael Schnelle an seinem Arbeitsplatz. (Foto: Michael Schnelle, Fotoarchiv SKB-Bremen)

"Ich war vorher in der Werbung tätig. Eines Tages schaute ich mit meinen Kindern das Kinderprogramm im Privatfernsehen. Abgesehen von dem Schrott, der da geboten wird, wurde mir richtig bewusst, dass die Werbung zwischendrin wirklich nur dafür da ist, bei einer Zielgruppe Bedürfnisse zu wecken, die sie eigentlich nicht hat. Ich konnte mich auf einmal mit meinem damaligen Job nicht mehr identifizieren", so der Familienvater. Im bremischen öffentlichen Dienst hat er eine sinnstiftende Arbeit gefunden.

Am meisten Spaß mache ihm dabei die Abwechslung. Durch seine Arbeit hat Michael Schnelle auch ein Faible für seine sogenannten "temporären Lieblingsorte" entwickelt: Es gibt Orte, da kommt man nur einmal hin, um Fotos zu schießen – beispielsweise durch Baugerüste auf die Höhe der Stephani-Kirchturmspitze oder direkt an die Deckenmalereien der oberen Rathaushalle.

Besondere Momente gibt es immer wieder, wie die Besuche des Bundespräsidenten 2018 zu seinem Antritt und mit dem konsularischen Korps bieten dem Fotografen seltene Aufnahmen von Franz-Walter Steinmeier, Melf Grantz, Carsten Sieling und den koreanischen Botschafter beim gemeinsamen Betrachten des Schicksals-WM-Spiels der Fußball-Nationalmannschaft gegen Korea auch keine Alltäglichkeit.

Besonders stolz ist Michael Schnelle auf das Vertrauen, das er sich im Laufe der Zeit aufgebaut hat. Auch die Freude über die Bilder, die Dankbarkeit und die Wertschätzung gegenüber guter, professioneller Arbeit und qualitativ hochwertigen Aufnahmen (auch aus dem Archiv) erfüllen ihn mit Stolz. Denn nicht nur das Fotografieren erfordere einen guten Umgang mit den Menschen, mit der Technik, Kreativität und Know-How, auch bei der Digitalisierung des Archivs zeigt sich Michael Schnelles Fachwissen: "Ich habe schon einen hohen Anspruch, sowohl an die Scanner, an das Format als auch an die Bearbeitung. Durch meine Erfahrung weiß ich einfach, wie die Bilder aussehen müssen und kann durch die Kontrolle der Graustufen, Farben und Kontraste einfach eine professionelle Digitalisierung der Bilder gewährleisten."

Rebecca Miller und Michael Schnelle.
Rebecca Miller und Michael Schnelle (Foto: Michael Schnelle, Fotoarchiv SKB-Bremen)

"Ich bin nun seit 20 Jahren hier und letztendlich hat sich der Arbeitsplatz in diesem Zeitraum im Prinzip erstaunlich wenig gewandelt", lacht unser heutiger Gastgeber. Das digitale Fotografieren hat zwar das analoge vollends abgelöst, die Leistungsfähigkeit der Aufnahme- und Speichertechnik wird weiterhin zunehmen; aber letztendlich bliebe die Ausstattung und das Handwerk ähnlich wie damals. Das merkt er jedes Mal, wenn er seinen Auszubildenden das Handwerk vermittelt. Nur die Digitalisierung des Fotoarchivs sollte dann endlich abgeschlossen sein.

Viel Erfolg dabei und herzlichen Dank, Michael Schnelle!