Auf einen Kaffee mit Jessica Nixon und Jan Kohlmüller von BioStadt Bremen

Die BioStadt Bremen ist eine Initiative der Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft und verfolgt das Ziel, eine ökologische, nachhaltige und regionale Lebensmittelproduktion und -versorgung in der Gemeinschaftsverpflegung zu schaffen. Außerdem sorgt das Team der BioStadt mit vielfältigen Projekten und Formaten für mehr gesellschaftlichen Austausch rund um Themen wie Lebensmittelanbau, gesunde Ernährung, Nachhaltigkeit und ökologische Landwirtschaft.

Der Ort des Interviews hätte passender nicht sein können: Wir treffen Jessica Nixon und Jan Kohlmüller vom Team der BioStadt im FORUM KÜCHE der Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft in der Volkshochschule Bremen. Eine perfekt ausgestattete (Lehr-)Küche, die Treffpunkt für all die Ernährungsmacher:innen in Bremen geworden ist.

Als Koordinatorin für das Verbundprojekt WURZEL (Wertschöpfung und regionale Zusammenarbeit für Ernährung und Landwirtschaft) plant die studierte Geografin Nixon unter anderem pädagogische Angebote für Kinder und Jugendliche sowie Angebote für Verbraucher:innen und Dialogforen für Akteur:innen der Wertschöpfungsketten rund um gesunde Ernährung und Landwirtschaft. „Sinnstiftend, vernetzend & (mit)gestaltend – das beschreibt meine Arbeit ideal“, so Nixon, die selbst einen landwirtschaftlichen Hintergrund hat und Hühner hält.

Jan Kohlmüller ist seit Ende 2021 Referent für das Kompetenzzentrum für nachhaltige Ernährung (Forum Küche). Zuvor war er in Berlin beim Projekt „Kantine Zukunft“ tätig – dem ersten Kompetenzzentrum für nachhaltige Ernährung in Deutschland. Der Pioniergeist dieser nachhaltigen Bewegung in der Gemeinschaftsverpflegung kommt – wie so viele Nachhaltigkeitsprojekte – aus Kopenhagen.

Übrigens trug die Arbeit der BioStadt Bremen schon Früchte: Das Team hat für die Bio-Szene in Bremen den Preis für die beste BioStadt Europas, den Organic Award 2024, gewonnen. „Das ist ein Ergebnis all des Engagements in Bremen, das jetzt in der EU sichtbar geworden ist“. Der Preis ginge nicht an das Team der BioStadt Bremen, „sondern ist eine Wertschätzung für all die Arbeit der NGOs, Vereine, Landwirt:innen und Köch:innen in der Gemeinschaftsverpflegung in Bremen“, sind sich Nixon und Kohlmüller einig.

Ein Mann mit dunkler, karierter Jacke, Brille und weißer Mütze sitzt gestikulierend am Tisch mit einer Kaffeetasse vor sich. Neben ihm sitzt eine Frau mit mit Brille, einem grauen Pullover und buntem Turban und hält eine Tasse in der Hand.

Nach langer Zeit in Frankfurt am Main hat Jessica Nixon den Ruf der Heimat gehört. „Ich wollte beruflich an der Ernährungswende mitarbeiten und habe mich deshalb initiativ bei der BioStadt Bremen beworben.“ Auch Jan Kohlmüller hat nach diversen Stationen im In- und Ausland beruflich in Bremen Fuß gefasst: „Es klingt pathetisch, aber: In der eigenen Heimatstadt etwas Sinnvolles zu bewirken und zu einer kleinen Weltverbesserung zu führen, das fand ich ein schönes Narrativ“, erklärt der gebürtige Bremer. Die intrinsische Motivation, am Thema Ernährung zu arbeiten, ist bei beiden groß.

Bremen ist seit 2015 BioStadt „und der Antrieb unserer Arbeit kommt in großen Teilen aus einer gesellschaftlichen Grassroots-Bewegung“, betont der studierte Wirtschaftspsychologe. Aus einem 2016 eingereichten Bürger:innenantrag gegen Billigfleisch in der Gemeinschaftsverpflegung von Kindergärten, Schulen und Co. ist der Aktionsplan 2025 entstanden. Jessica Nixon erklärt die drei Kernziele des Plans: „Für die Gemeinschaftsverpflegung arbeiten wir daran, bis zu 100 % Bio-Qualität der Produkte zu erreichen, diese möglichst saisonal und regional zu beziehen und sie nach dem Standard der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zu verarbeiten“. Kurzum: Das Team der BioStadt will Ernährungsumgebungen nachhaltiger gestalten.

Neben Weiterbildungsangeboten für unterschiedlich qualifiziertes Personal aus der Gemeinschaftsverpflegung ist das jährliche Bio-Markt-Fest auf dem Findorffmarkt ein prägnantes Beispiel, wie die BioStadt Bremen Ernährungsbewusstsein in die Mitte der Gesellschaft bringt. „Unsere Dialogformate und Veranstaltungen helfen dabei, Multiplikator:innen und Praktiker:innen zusammen- und in den Austausch zu bringen“, erzählt Nixon. „Wir fördern auch Projekte, wie z.B. eines an der Oberschule Kurt-Schumacher-Allee, bei dem Schüler:innen aktiv in den Mensabetrieb eingebunden werden. Solche Bildungsprojekte veranschaulichen hautnah, welchen Stellenwert und welche Präsenz Ernährung in unserem Alltag hat – und wie sie sich mit kleinen Schritten nachhaltiger gestalten lässt“, fasst die Projektkoordinatorin zusammen.

Lachende Frau mit einer Brille, einem grauem Pullover und buntem Turban auf dem Kopf.

„Wie wichtig der Zugang zu gesunder Ernährung ist, müssen wir in 10 Jahren hoffentlich nicht mehr erklären“, schmunzelt Nixon. Das Thema Ernährung aber immer wieder in den schnelllebigen Alltag zu bringen und an Schulen, Kindergärten, in Behörden sowie mitten in unserer Alltagsgesellschaft darauf aufmerksam zu machen, bliebe noch viele Jahre wichtig, ergänzt Kohlmüller. „Für nachhaltige, saisonale und regionale Lebensmittel aus ökologischem Anbau zu trommeln und den gesamten Wertschöpfungskreislauf zu beleuchten, wird weiterhin zentral sein“. Nicht zuletzt deshalb und mit klarem Blick in die Zukunft passiert auch ganz viel hinter den Kulissen: Kohlmüller erarbeitet im Team zum Beispiel gerade die Ernährungsstrategie für das Bundesland Bremen. „Das wird ein großer Partizipationsprozess mit Bremer Bürger:innen, der Verwaltung, der Politik – am Ende soll darüber dann der Senat entscheiden.“

Herausfordernd sind für das BioStadt-Team neben der Akquise von Projektgeldern auch der politische Wille und ein gewisser Veränderungswiderstand, erzählt Jan Kohlmüller. „Das verwundert auch nicht: Menschen stehen Veränderungen meist skeptisch und manchmal sogar ängstlich gegenüber.“ Alle Menschen mitzunehmen, zu begeistern und etwas Tolles auf die Beine zu stellen, erfordert immer wieder Kraft – und gute Kommunikation. „Einen solchen Transformationsprozess zu gestalten treibt uns als Team immens an“, bekräftigt Jessica Nixon. Die regionale Landwirtschaft zu stärken, die Verarbeitungsinfrastruktur auszubauen und gesunde Ernährung in der Gemeinschaftsverpflegung möglich zu machen, hat positive Effekte – auf ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Ebene.

Mann mit dunkler, karierter Jacke, Brille und weißer Mütze gestikuliert im Gespräch.

Insbesondere den sozialen Aspekt hebt Kohlmüller hervor: „Mit der Gemeinschaftsverpflegung erreichen wir so viele Kinder und Jugendliche unterschiedlichster sozialer Hintergründe – und die positiven Effekte sind spürbar: Wer besser isst, ist gesünder und leistungsfähiger. Gerade in Schule und Kinderbetreuung ein immenser Hebel, den wir mit der BioStadt bewegen können“. Es sei ein Zeichen unserer Zeit, dass die Menschen sich zuhause seltener mit Ernährung auseinandersetzen und auch weniger Zeit für die Zubereitung von Speisen haben. Damit falle deutlich mehr Verantwortung auf Kindergärten, Schulen und eben die Gemeinschaftsverpflegung, wo junge Menschen in ihrer Ernährungskompetenz wachsen und langfristig davon profitieren.

Für Jan Kohlmüller war die erfolgreiche Eröffnung des Forum Küche ein Meilenstein – nicht zuletzt, weil damit ein Ort entstanden ist, der Menschen zusammenbringt. „Wenn auf Netzwerkveranstaltungen Produzent:innen und Konsument:innen aufeinander treffen und am Ende durch dieses Netzwerken neue Wertschöpfungsketten entstehen – diese Wirksamkeit lieben wir alle bei der BioStadt sehr an unserer Arbeit“, erklärt Nixon. Und da sind sie sich einig.
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Fotos: Michael Schnelle, SKB Bremen