"Ich muss quasi jetzt schon entscheiden, was später einmal wichtig oder historisch sein wird", fasst die junge Studienabsolventin ihre Tätigkeit zusammen. Dieses Mal werden wir im ehrwürdigen Staatsarchiv mit etwa 12 Regalkilometern Schriftgut begrüßt und willkommen geheißen.
Frisch von der Archivschule Marburg gewährt uns heute Lisa Spatzier Einblicke in ihre Tätigkeit. Die junge gebürtige Bremerin gelangte über einen Umweg als Studentin der Germanistik und Kunstgeschichte in Münster in den bremischen öffentlichen Dienst. Zurück in der Heimat absolvierte sie zunächst die Ausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste (Fachrichtung Archiv) im Staatsarchiv. Danach wollte sie mehr: In Marburg werden für die interne Verwaltung Archivarinnen und Archivare des gehobenen und höheren Dienstes für Bund und Länder ausgebildet. Hier lernte Lisa Spatzier den Umgang mit (historischen) Schriftstücken, deren Einschätzung und Aufbewahrung.
"Wir verwalten hier eine unglaubliche Menge von Schriftgut, die wir bewerten und einordnen. Und dann müssen wir dieses ja hier auch nicht nur aufbewahren, sondern auch wiederfinden. Dafür müssen wir eine Ordnung herstellen, in der sich jede:r gut zurechtfindet", beschreibt die Radfahrerin ihr Tätigkeitsfeld. Dabei seien sie und ihre Kolleginnen und Kollegen auch in Kontakt mit anderen Behörden und Verwaltungen; darüber hinaus treten sie mit Privatpersonen, Vereinen, Firmen bis hin zu kulturellen Einrichtungen in Kontakt, um relevanten Nachlass und Schriftgut mit bremischen Bezug zu archivieren. "Wir gehen da aktiv drauf zu, man muss also durchaus auch mal extrovertiert sein", – also das völlige Gegenteil vom einsamen Archivar im dunklen, verstaubten Keller.
"Eine Vorliebe für Ordnung und geschichtliches Interesse sollte schon vorhanden sein", lacht die nun in Weyhe Wohnhafte. Sie habe sich schon immer sehr für die bremische Geschichte interessiert. "Ich mache ja schon etwas, was historische Auswirkungen hat", ergänzt sie mit schüchternem Stolz in der Stimme.
Durch die Arbeit beim Land Bremen fallen auch staatliche Aufgaben an, andererseits gibt es durch die Größe des Bundeslandes viele Querschnittsaufgaben: Allrounder sind gefragt. Durch die Vielfältigkeit der Aufgaben bleibt es spannend und abwechslungsreich. "Es ist schon befriedigend, wenn man einen ganzen Bestand aus Leitzordnern schöngemacht und kartoniert im Archiv stehen hat. Also man sieht auch physisch, was man geschafft hat."
Manchmal bestehe aber auch die Gefahr, nicht in der jeweiligen Geschichte zu versinken. Einmal bearbeitete Lisa Spatzier Vormundschaftsakten aus dem 19. Jahrhundert, denen auch Inventardokumentationen der einzelnen Haushalte beilagen: Wie viele Hemden, Lampen, Teller etc. waren in Besitz der jeweiligen Familien? Eine Reise in eine längst vergangene Zeit…
Momentan besteht das Team aus rund 25 Personen: Nicht nur Archivarinnen und Archivare, sondern auch Verwaltungskräfte, eine Restauratorin, Auszubildende und eine Fotografin beleben das Staatsarchiv. "Wir wurden tatsächlich auch schon darauf angesprochen, wie jung unser Team ist", erklärt Lisa Spatzier. Dennoch, sobald hier Beschäftigte in den Ruhestand/in Pension gehen, gehe auch viel Wissen verloren. Und gerade der Erfahrungsschatz ist das höchste Gut dieser Berufsgruppe.
"Die Digitalisierung, in Form von digitalen Akten, kommt bei uns erst verzögert an, aber wir bereiten uns natürlich jetzt schon auf die Übernahme der Akten vor und digitalisieren selbst schon einiges," erklärt unsere heutige Gastgeberin. Nur räumlich wird sicherlich alles am alten Standort bleiben; momentan wird angebaut, um auch weiterhin die Schätze unserer Bremer Geschichte zu wahren und zu archivieren.
Wir bedanken uns und wünschen weiterhin viel (beruflichen) Erfolg!
Fotos: Michael Schnelle, SKB Bremen